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Edelweiß Johannesberg

Etwa ein Jahrzehnt später als im Nachbarort Oberafferbach ließ man sich auch in Johannesberg von dem Gedanken leiten, das gesellschaftliche eintönige Dasein durch mehr persönliches und kreatives Wirken zu beleben. Singen und Musizieren als breiter Kulturträger sollte das verträumte Vorspessartdörfchen zu neuen erstrebenswerten Zielen führen. Beseelt von diesem Wunsche versammelten sich am 5. März 1911 dreizehn junge Männer im Gasthaus „Zur Krone“ und gründeten den Gesangverein „Edelweiß Johannesberg“.

Eine streng disziplinierte Vereinssatzung regelte das Leben in der Gemeinschaft und wer sich nicht daran hielt, wurde mit Geldstrafen belegt. Nachfolgend einige Protokollauszüge:

Die Mitglieder haben sich im richtigen Anzug pünktlich zur Chorprobe einzufinden. Während der Probe ist die Kopfbedeckung abzunehmen. Wer unentschuldigt fehlt wird mit 50 Pfennig bestraft und nach dreimaliger Wiederholung vom Verein ausgeschlossen. Vereinslieder dürfen nur mit Genehmigung der Vorstandschaft gesungen werden. Wer bei Ausflügen auf dem Rückweg zum Vereinslokal fehlt, wird mit 80 Pfennig Strafe belegt.

Um die melodische Vielfalt durch das gemischte Singen zu erweitern, schlossen sich bald nach der Gründung einige Damen dem Männerchor an. Familiengründungen und damit verbundene Wohnungswechsel erschwerten diese löbliche Absicht und so hatte diese Formation nur eine kurze Dauer. Trotzdem hielten die Männer am Idealismus fest, den Chorgesang intensiv und zielstrebig zu betreiben. Die Chorarbeit machte Fortschritte und schöne gesangliche Erfolge waren zu verzeichnen. Vereinsmitglieder führten im „Krone-Saal“ Theaterstücke auf und bereicherten somit das gesellige Leben in Johannesberg. Von 1914 bis 1919 musste die Chorarbeit ausgesetzt werden und das kulturelle Leben fand mit dem Kriegsausbruch ein jähes Ende.

Nach erneutem Anlauf wurde am 5. Juni 1921 das 10. Stiftungsfest mit Fahnenweihe, zu der die Nachbarsänger vom Liederkranz Oberafferbach die Patenschaft übernahmen, mit Erfolg gefeiert. In der darauffolgenden Zeit, geprägt durch Inflation und wirtschaftlichen Notstand, bedurfte es große Anstrengungen die gesteckten Ziele zu erreichen. Die Opferbereitschaft einzelner Sänger und Spenden von wohlwollenden Mitgliedern ermöglichten den Fortbestand. Mit dem Kriegsausbruch 1939 musste die Vereinstätigkeit völlig eingestellt werden, denn Trauer und Leid überschatteten auch den Edelweißchor. Große Lücken entstanden in den Reihen der Sänger durch Militärdienst und Soldatentod in den Jahren von 1940 bis 1947.

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Nach einer langen und schrecklichen Kriegszeit regte sich allmählich wieder neues, geistig kulturelles Leben. Dies war Ansporn für ehemalige Johannesberger Sänger, ihre Liebe zum Lied einer jüngeren Generation mit dem Wunsch zur Wiederbelebung des Vereinslebens nahezubringen. Ab 27. September 1947 trat der Gesangverein erneut kulturfördernd und gemeinnützig in den Dienst der Öffentlichkeit. Das chorische Wirken bewegte sich nicht nur innerhalb der lokalen Grenzen, sondern es wurden darüber hinaus freundschaftliche Verbindungen zu Vereinen im heimatlichen Umkreis aufgenommen. Der Erlös vom 40. Stiftungsfest im Jahre 1951 ermöglichte den Erwerb eines Vereinseigenen Klaviers. Dadurch erfuhren die Chorproben Erleichterung und die Veranstaltungen eine musikalische Bereicherung. In chorisch guter Verfassung wagten die Edelweißsänger abendfüllende Konzerte abzuhalten.

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Im Schwung dieser Erfolge bereitete man das Goldene Jubiläum vor. Umfangreich war das 50. Jubiläumsfest im Mai 1961. Als besondere Attraktion sei der große Festzug unter dem Motto „Johannesberg im Wandel der Zeit“ zu erwähnen. Von der Gegenüberstellung der guten alten Zeit und den Errungenschaften des Wirtschaftswunders waren die Festteilnehmer und Gäste sichtlich beeindruckt. Trotz der zahlreichen Aktivitäten von Vorstandschaft und Chormitgliedern durch Veranstaltungen wie Liedertage, Wertungssingen, Ständchen und gesellige Festivitäten musste auch der Edelweißchor in den sechziger Jahren immer mehr Lücken in den Singstimmen feststellen. Mehrmalige Aufrufe zum Mitsingen und somit zur Verjüngung des Chores verhallten ohne Resonanz in der Bevölkerung. Die wiederholten Versuche und Absprachen zu mehr Gemeinsamkeit mit den Sangesfreunden vom Liederkranz aus Oberafferbach blieben ergebnislos und führten immer wieder in die Selbständigkeit zurück.

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Da sich nach dem zweiten Weltkrieg in der Region der Trend zum gemischten Chorsingen verstärkte, erwägte die Vorstandschaft im Januar 1966 den Chor durch Frauenstimmen zu verstärken. Nach anfänglicher Zurückhaltung konnte man im Mai achtzehn Damen im Chor begrüßen und willkommen heißen. Der Gemischte Chor im Edelweißverein war gegründet! Der erste Auftritt war schon im November gleichen Jahres und der gute Erfolg ließ aufgekommenes Lampenfieber der Sängerinnen schnell vergessen. Nach der Konzertbeteiligung in Glattbach notierte der Presseberichterstatter:

Dieser, mit einigen Ausnahmen achtbare Anfangserfolg erbrachte die Gewissheit, dass bei weiterer intensiver Arbeit das Chorsingen auf dem Johannesberg zu einer neuen Blüte gebracht werden kann.

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Durch die erfreuliche Verstärkung des Chores auf 50 Personen tauchten auch neue Probleme auf, die es zu bewältigen galt. Das Probelokal, der Saal im Gasthaus „Zur Krone“ war zu klein und konnte zudem aus sicherheitstechnischen Gründen nicht mehr genutzt werden. Ein nomadenhaftes Wandern von Probenort zu Probenort begann. In der Kleiderfabrik von Adam Hein, im Verbindungsraum von der Schule zur Turnhalle (Glaskasten), im Saal vom Gasthaus „Zum Lamm“ und zuletzt im Pfarrsaal fand man Unterschlupf zum Proben und zum Feiern. Im Jahre 1971 fand das Jubiläumskonzert anlässlich des 60jährigen Bestehens des Edelweiß Vereines im Saal vom Gasthaus „Zum grünen Wald“ in Oberafferbach statt. Das Jubiläumsfest wurde im Festzelt auf dem Platz zwischen Kirche und Schule abgehalten. Das hervorragende Zusammenwirken aller Mitglieder mit der Bevölkerung bescherte dem Verein Ansehen über die lokalen Grenzen hinaus und dazu auch ein beachtliches Finanzpolster zur Bewältigung von Zukunftsaufgaben.

Neben den vielfältigen geselligen und chorischen Aktivitäten im Verein bestritt man 1972 einen völlig neuen Veranstaltungsweg mit einem Kirchenkonzert am Palmsonntag in der Pfarrkirche. Dieses Konzert fand Unterstützung vom Männerchor Liederkranz Oberafferbach, von Damen aus dem Ortsteil Oberafferbach, vom Blasorchester Oberafferbach und vom Militärpfarrer Linus Eizenhöfer an der Orgel. Die melodische Vielfalt, besonders durch die Frauenstimmen sowie durch die gute Resonanz des verstärkten Chores und der Musikanten, begeisterten die Mitwirkenden und die Zuhörer. Mit diesem gemeinsamen Konzertauftritt kam wieder Bewegung in den Fusionsgedanken. Die alte Dorfromantik schien nicht mehr so gefragt, die „Kannsberger“ und die „Afferbicher“ kamen sich im Gemeinschaftsgeist näher.

Die Dirigenten von Edelweiß Johannesberg

Lehrer Balling, Johannesberg, 1911-April
Clemens Fischer, Mömbris, 1911-1923
LehrerSchüßler, Glattbach, 1923
Adolf Eizenhöfer, Oberafferbach
Lehrer Hochgesang, Johannesberg
Lehrer Fasoli, Johannesberg
Lehrer Emilian Bauer, Johannesberg, 1948-1951
Erich Peter Stein, Johannesberg, 1951-1952
Oberlehrer Schmitz, Steinbach, 1952-1956
Hermann Herold, Goldbach, 1956-1962
Norbert Bergmann, Oberafferbach, 1962-1964
Walter Dinkelbach, Aschaffenburg, 1964-1966
Karl Kolb, Aschaffenburg, 1966-1973 (Ehrenchorleiter)

Die 1. Vorsitzenden von Edelweiß Johannesberg

Alois Flaschenträger, 1911-1913
Josef Hofmann, Juni 1913
Franz Freund, 1913-1919
Josef Hermann, 1919-1920
Alois Flaschenträger, 1920-1921
Anton Kraus, 1921-1924
Ferdinand Stadtmüller, 1924-1926
Anton Kraus, 1926-1928 (Ehrenvorsitzender)
Ferdinand Stadtmüller, 1928-1931
Franz Eisert, 1931-1936
August Eisert, 1936-1939
Alois Hain, 1947-1958
Josef Eisert, 1958-1962
Alois Hain, 1962-1963 (Ehrenvorsitzender)
Erich Bayer, 1963-1966
Raimund Bonn, 1966-1968
Erich Bayer, 1968-1973

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